1800-1900

Nach 1801 wurde die Abhaltung des Bürgerschießens durch die eingetretenen Kriegsereignisse des von Napoleon geführten französischen Krieges unterbrochen.

Das Braunschweigische Land war dem neugegründeten Königreiche Westfalen angegliedert. Glücklicherweise hatte Holzminden damals keine besondere Bedeutung und blieb von einer französischen Garnison verschont. Von den Bürgerschützen liegen über diese Jahre folgende Aufzeichnungen vor:

1808: Im März Huldigungsfeier mit Musik bei Gastwirt Brand für den westfälischen König. Vier Rotten (sonst zwölf) erhalten je ein achtel Faß Bier. — Am 15. November 14 Kannen Brautwein zum Geburtstag des Königs von Westfalen (Zwölf für die Rotten).
1809: 15. November Geburtstagsfeier des Königs von Westfalen. Neben einer Tonne Bier werden 60 „Putelge" Wein vertrunken.
1810: keine Feiern zu Ehren des Königs.
1811: Wappenänderung in der Fahne. Dem Holzmindener Bürger-Schützen-Corps:"Die vormaligen Wappen aus den Fahnen zu nehmen und die Namen Hieronimus Napoleon und Königskrone in Gold und Seide wieder einzusetzen an goldenen Treßen, seidenes Band." Der „Maire" der Stadt Holzminden Kerl weist an, den Betrag aus der Schützenkasse zuzahlen.
1812: Durchreise durch Holzminden des Königs und der Königin von Westfalen. Bei der Parade der aufgestellten Bürgerschaft „musicieren fünf Musicanten, ein Quer-Pfeifer und vier Tambours. Anschließend eine Zusammenkunft der Chargen im Hause des Schaffers Manegold".
1813: Bei der Ankunft der ersten „Schwarzen Husaren" versammeln sich sämtliche Offiziere und Rottmeister im Ratskeller bei einer dem Ernst der Zeit entsprechenden kleinen Zeche.

Nach der Befreiung von der Fremdherrschaft wurde dieses Ereignis am Neujahrstag 1814 als eines der größten Volksfeste unter Teilnahme der gesamten Bevölkerung festlich gefeiert. Die Bürgerschützen beteiligen sich unter Führung ihres Stadtmajors Heinrich Meyer und traten durch ihre blauen Fracks und gelben Hosen und mit den wehenden vier Kompanie-Fahnen besonders hervor. Die Bürger-Offiziere feierten dann bei Gastwirt Beverung. Sieben Musikanten spielten dabei auf.
Am 11. Januar 1814 „Bey dem Aufzuge zu Ehren Sr. Durchlaucht" ist von den Officieren und Rottmeistern eine Nachfeier mit Illumination und „zwei Tonnen Bier" bei Gastwirt Beverung veranstaltet worden.
1816 fand wahrscheinlich kein Schützenhof statt. In einer Notiz wird vermerkt, daß die Gewehre nach Mainz gesandt wurden und nur noch 50 vorrätig seien. Im Jahre 1819 fand wieder im Juni in den Zelten auf der Steinbreite ein Schützenfest statt. Bei den Chargen wurden als Fähnriche genannt: Kerl, Presuhn, Hirschfeld und Reinecke.
Für das Fest mußten aufgebracht werden: 400 Reichsthaler, sieben Mariengroschen und sechs Pfennig, die neben den Rotten und Chargen-Geldern durch Geschenke der Honoration und Cämmerey-Caße in Höhe von etwa 130 Reichsthalern gedeckt wurden. Das Kommando oblag dem Major Christian Meyer und den vier Capitainen Beute, Köllmann, Brandt und Bergen. Rechnungsführer war Christian Beverung. Der damalige Bürgermeister Georg Christian Kahle hat sich für das Bürgerschießen kräftigst eingesetzt. Der Initiative vorgenannter Bürger ist wohl auch das erneuerte Reglement, das in Anlehnung an dem älteren von 1774 unter Berücksichtigung der neuen Zeitverhältnisse am 21. Mai 1822 beantragt wurde, zu verdanken. Dieses Reglement wurde wie nachstehend vermerkt genehmigt:.
Vorstehendes Reglement der hiesigen Schützengesellschaft wird damit genehmigt und darüber Obrichkeitlich gehalten werden.

Holzminden, den 22. May 1822.
Fürstlich-Braunschweig-Lüneburg. Kreisgericht daselbst.
Achtermann (L.S.) Scholz

Es ist dieses das letzte für die Holzmindener Bürgerschützen-Gesellschaft geforderte und von der Obrigkeit genehmigte sehr umfangreiche aus 25 Paragraphen bestehende Reglement. Es wurden seinerzeit 1000 Exemplare gedruckt. Für die damaligen Zeitverhältnisse ist es sehr aufschlußreich. Deshalb sollen daraus auszugsweise einige Paragraphen wiedergegeben werden:

§1.
Nur nach jedesmaligem Ablauf voller drei Jahre, mithin erst im vierten, kann ein Bürger-Freischießen zugelassen werden, und auch selbst dann nicht auf die bloße Übereinstimmung und den Beschluß der Bürgeroffiziere, sondern nur auf jedesmaliges besonderes Nachsuchen bei der Fürstlichen Landes-Regierung und erhaltener höchsten Erlaubniß dazu. Die Unterlassung des letzteren ziehet den Verlust eines fernen Freischießens und eine Geldstrafe von 50 Reichsthalern nach sich, welche die Offiziere allein zu erledigen haben und wofür sie solidarisch haften.

§ 2.
Die Dauer eines Freischießens ist ein für allemal auf drei Tage festgesetzt und soll am ersten Tage um einen neuen Schützenmeister, am zweiten um die gewöhnlichen drei Gewinne auf dem Schützenplatze von sämtlicher ausmarschirter Bürgerschaft geschossen; der dritte Tag aber zu Beziehung der Feldmarks-Gränzen, Seitens sämtlicher Offiziere, der Rott- und des Ober-Rottmeisters, auch einer Anzahl Bürger von zehn Mann aus jeder Compagnie, unter der Anführung und Leitung des Bürgermeisters, verwendet werden.
Eine Erweiterung und Verlängerung der Dauer des Schützenfestes ist bei 20 Reichsthalern Strafe, wofür die Offiziere haften, verboten.

§ 7.
Am ersten Tage des Freischießens wird um einen neuen Schützenmeister geschossen.
Jeder Bürger ist zu drei Schüssen berechtiget. Da indeß rottweis in der Reihefolge abgeschossen wird, so kann Niemand seine drei Schüsse hinter einander verlangen, sondern muß mit dem folgenden Schusse so lange warten, bis die übrigen Rotte gleichfalls erst abgeschossen haben und ihn die Reihe in seinem Rotte wieder trifft.

§ 10.
Wer die mehrsten Schüsse ganz rein, ohngebleiet, von seinen drei Schüssen durch den Ring gethan hat, wird, wenn er als Bürger ein eigenes Haus in Holzminden besitzt und nicht auswärts wohnt, als Schützenmeister erkannt und angenommen, ihm auch der vorhandene silberne Vogel und übrige Insignien, als Ehrenzeichen, sofort übergeben.

§ 19.
Auf gleiche Weise wird es auch um die drei Gewinnste vor der Scheibe gehalten, und Demjenigen, der den besten Schuß hat, der erste Gewinn zugeeignet.

§ 20.
Den ersten Gewinn kann jedoch nur Derjenige erhalten, welcher in Holzminden Bürger ist, darin ein eigenes Haus besitzt und nicht auswärts wohnt. Den zweiten und dritten Gewinn dahingegen können auch auswärts Wohnende erhalten, wenn sie das hiesige Bürgerrecht besitzen.

§ 24.
Die Schäffere führen die Rechnung über Einnahme und Ausgabe, und sind verbunden, jedesmal vier Wochen nach gehaltenem Freischießen, ihre Rechnung zu schließen, mit den nöthigen Belegen versehen, der Obrigkeit einzureichen und zu gewärtigen, daß selbige an einem zu bestimmenden Tage, in Gegenwart sämtlicher Bürgeroffiziere, des Ober- und der Rottmeister verlesen, monirt und abgenommen, auch, bei befundener Richtigkeit, darüber quittirt werde.

In der folgenden, der sogenannten Biedermeier-Zeit, verlaufen die Schützenfeste in der festgelegten Weise bis zum Jahr 1828. Dieses Fest, bei dem der Schaffer Beverung Schützenkönig wurde, nimmt eine Sonderstellung ein, weil erstens der Magistrat sämtliche Zuschüsse sperrt und die Kosten durch die Schützen selbst aufgebracht werden müssen, zweitens die Schnaat- oder Grenzbeziehung aufgehoben wird und drittens wegen Beschwerden über Vorkommnisse auf diesem Fest neue Vorschriften erlassen werden.
Aufgrund eines Berichts des Bürgermeisters Kahle vom 16. Februar 1828 über den Schnaatgang am Schützenfest wissen wir, daß die Grenzbeziehung von fünf zu fünf Jahren gut sei, jedoch diese Durchführung bei Gelegenheit der Schützenfeste ungeeignet sei. Der Schnaatgang dauert zwei Tage, kostet der Cämmerey-Caße Geld und ist nur noch ein ausgelassenes tumultartiges Verfahren, ein Biergelage mit der Nachbar-Gemeinde und vielfach darauf erfolgter Schlägereien.

Daraufhin wurde nachstehende Verordnung erteilt:
„Ich eröffne Ihnen hiermit, auf den Bericht vom 16. vorigen Monats, daß der Schützengesellschaft zu Holzminden unter der Bedingung eines, den polizeilichen Vorschriften entsprechenden guten Betragens, ein Schützenhof in den Tagen der Mitte des Monats Juni mittelst Höchsten Rescripts, vom 8. des Monats gestattet, dabei aber festgesetzt worden, daß die Supplicanten, die auf solches Vergnügen zu verwendenden Kosten unter sich selbst aufzubringen, nicht aber fernere Zuschüsse aus der Stadtkasse zu erwarten haben, so wie auch denselben die bei Abhaltung der Schützenhöfe früher üblich gewesene Schnaat- oder Grenz-Beziehung ausdrücklich zu untersagen ist.
Sie wollen also hiernach die Supplicanten bescheiden und wegen der bei dieser Volkslustbarkeit erforderlichen polizeilichen Aufsicht das Nötige anordnen.".
In einem anderen, von Holzmindener Bürgern eingereichten Bericht des Jahres 1828 heißt es über das Brauchtum um 1800:
„In den noch früheren Zeiten wurden dies vereinte brüderliche Volksfest so gefeiert: Die Bürger kamen bei ihren Rottmeistern zusammen. Der Rottmeister führte sie die beiden Schießtage nach dem Kapitän und wurden da mit einem Schnaps und Zwieback beschenkt. Von da wurde nach dem Markte marschiert und wurden hie und da einige Fahnenspiele gemacht und dann nach der Steinbreite marschiert und geschossen. Des Abends wurde der König nach Hause gebracht, nachher kamen die Bürger mit ihren Frauen und auch die Offiziere, die zu der Kompagnie gehörten bey ihrem Kapitän zusammen und wurde gemeinschaftlich getanzt. Hierbey kriegt jede Compagnie ihr Bier".
Es folgt dann ein langer Bericht, über das, was aus diesem Brauchtum geworden ist, und es wird um Abhilfe gebeten.
Im Jahre 1834 verläuft das Fest am 16. und 17. Juni wieder in guter Ordnung. Schützenkönig wurde H. Büter.
Erwähnenswert ist das Jahr 1839. - Die Herzogliche Behörde erließ am 11. Juni 1839 ein Reglement für die Schützengesellschaft zur Feier des Schützenfestes am 17. und 18. Juni 1839. Das Freischießen wurde genehmigt, aber die Bewilligung eines Zuschusses aus Staatsmitteln abgelehnt. Auch die Stadtverordneten-Versammlung lehnte ab, aus der Cämmerey-Caße irgend einen Betrag zu zahlen.
In diesem Reglement ist die Trennung zwischen Bürgerschützen und Bürgern beachtenswert: Das Schützenkorps der Schützengesellschaft besteht aus Kompagnien mit Capitainen, sie stellen die Schaffer und die Wache.
Die Bürger werden durch die Rottmeister mit ihren Rotten betreut.
Wer sich am Ausmarsch beteiligt, kann sowohl als Angehöriger der Schützengesellschaft aber auch als Bürger (Nichtangehöriger der Schützengesellschaft) Schützenkönig werden. Die Privilegien des Reglements von 1763 sind für den Schützenkönig ganz fortgefallen.

§6.
Der Schützenkönig erhält von jedem Schützen ein Geschenk nicht unter vier Mariengroschen, dagegen hat er die Verbindlichkeit am ersten Abend des Schützenfestes jedem, der ihn unter Musik nach Hause begleitenden Bürger ein Glas Wein und einen Zwieback zu reichen, auch am dritten Tage des Festes vier Tonnen Bier der Bürgerschaft auf seine Kosten zu verabreichen.

§ 7.
Am zweiten Tage, an welchem um die Gewinne geschossen wird, steht nicht nur den Bürgern, sondern auch den mit ausmarschierenden erwachsenen Söhnen von Bürgern das Recht zum Mitschießen frei. Derjenige, welcher den besten Gewinn bekömmt, ist verbunden, eine Tonne Bier der Schützengesellschaft zu schenken.
Ebenfalls erfolgte neben den bisherigen Offiziersstellen die Einrichtung einer Generalstelle. Es heißt:

Geschehen Holzminden, den 9. Juni 1839, an Seiten des Stadtmagistrats im Brandt sehen Gasthause daselbst.
Gegenwärtig der unterschriebene Bürgermeister.
Da die Schaffer der Schützengesellschaft den Wunsch zu erkennen gegeben hatten, daß letztere außer der bisherigen Offiziersteilen eine Generalstelle zu errichten und dieser Wunsch durch allgemeine Zustimmung der heute versammelten Gesellschaft bestätigt war, so wurde bestimmt, daß die Chargengelder für jene Stelle auf 25 Reichsthaler bestimmt werden sollten. Nach geschehener Aufforderung erklärte sich der Obrist Bitter bereit, die Stelle anzunehmen und wurde er darauf durch einstimmigen Beschluß als General der Schützengesellschaft gewählt und bestätigt.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben.
Wilhelm Bitter.
in fidem.
Bock (Bürgermeister)

Außer dem bisherigen Stadt-Major und den vier Stadt-Hauptleuten werden nunmehr benannt: General Wilhelm Bitter, Oberst Heinrich Ruhsam und Major Georg Schütte mit ihren Adjutanten C. Pränge, G. Müller und H. Räcke, sowie eine Sappeur-Kompanie mit dem Hauptmann H. Pook und 16 Sappeuren.
Die Einnahmen erhöhten sich durch Pachteingang für die Wiese (von Beverungschen Erben gekauft), für Gartenland und Obstverkauf und durch Vermietung der eigenen Zelte nach Höxter, Lüchtringen, Stahle und anderen Nachbarorten.
Unabhängig vom Bürgerschießen fanden in den Jahren 1821, 1826, 1835, 1844, 1852, 1858, 1863 und 1874 Junggesellen-Freischießen statt.
Bei dem Schützenfest 1842 sind keine Rotten mehr angegeben, jedoch spielten 17 Tambours, zwölf Musikanten und ein Stadt-Musikus auf. Es wurde außer Chargengeld (etwa die Hälfte der Kosten) Schießgeld von den vier Kompanien und einer Sappeur Kompanie erhoben. Von den wohlhabenden Bürgern gingen reichlich Geschenke ein; Bürger, die mit getanzt haben, spendeten Tanzgelder für ein, zwei oder drei Tage. Bei der Durchreise des Herzogs wurde für Bier an die Bürger ein „ziemlicher Betrag" ausgegeben. Auch wird in diesem Jahr von einem Neujahrsball berichtet, der wahrscheinlich in Anlehnung an den Neujahrsball 1814 gefeiert wurde.
Im Juni des Jahres 1846 ist das Schützenfest in gleicher Weise gefeiert. Schützenkönig wurde Färbermeister F. Wicke.
Das Revolutionsjahr 1848 verlief, wie im ganzen Braunschweiger Land durch die weise Führung des beliebten Herzog Wilhelm, auch in Holzminden harmlos — ohne politische Begebenheiten —, aber als Vorsichtsmaßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlicher Sicherheit wurde im März des Jahres eine Bürgerwehr aufgestellt. Das dürfte der letztmalige Einsatz der Holzmindener Bürgerschützen gewesen sein. Denn alsbald wurde von der Landesregierung die Allgemeine Volkswehr angeordnet. Dieses Ereignis wurde durch ein größeres Volkswehr-Fest auf der Steinbreite, ähnlich wie die Schützenfeste in großen Zelten gefeiert.
Infolge Auflösung der Bürgerwehr kam das Feuerlöschwesen auch in Holzminden in Bedrängnis. Im Jahre 1845 wurde deshalb ein Rettungsverein gegründet, der im Jahr 1874 durch die neu ins Leben gerufene Freiwillige Feuerwehr abgelöst wurde. Es war selbstverständlich, daß die Bürgerschützen die Mannschaft stellten und bis heute auch noch maßgeblich beteiligt geblieben sind.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts kam die bürgerliche Vereinsbewegung auf, so daß auch in Holzminden 1849 der Männergesangverein „Liedertafel" und der MännerTurn-Verein Holzminden von 1848 gegründet wurden. Um den ältesten deutschen Sport, das Schießen, unter den Bürgern weiter zu pflegen nach dem Motto „Ob' Aug und Hand für's Vaterland" und um auch das Schützenfest als volkstümliches Bürgerfest aufrechtzuerhalten, hat dann das Bürger-Offizierscorps der Holzmindener Bürgerschützen in Anlehnung an die Überlieferung die Bürgerschützen-Gesellschaft der Stadt Holzminden als Verein weiter geführt und Organisation, Verantwortung und Risiko getragen. In den folgenden Jahren, die Stadt zählt etwa um die 5000 Seelen, verlaufen die Feste bis 1887 wie bisher. Ein Schützenmeister und Junggesellenkönig wird ausgeschossen; für die anderen Festteilnehmer werden Preisschießen veranstaltet.
Die Zeit nach 1871, die sogenannte Gründerzeit, gab auch der Holzmindener Bürgerschaft Aufschwung und es setzte eine rührige Geschäftstätigkeit ein. Die Einwohnerzahl stieg auf knapp 10 000 an. Demgemäß erfolgten auch viele Vereinsgründungen, vor allem von Militärvereinen.



Großer König 1882 -Tischlermeister Heinrich Ritterbusch- Bürgerschützengesellschaft von 1668

Am 3. Mai 1886 wurde von der Bürgerschützen-Gesellschaft zum Zwecke der Anlage eines Scheibenstandes das Grundstück des Herrn Dauer an der Steinbreite käuflich erworben. Im Jahre 1887 ist dann das heute noch bestehende Holzmindener Schützenhaus und der Scheibenstand errichtet worden. Für die Eintragung in das Grundbuch mußte nach den seinerzeitigen Gesetzen das Korporationsrecht erworben werden. Das wurde am 5. Januar 1892 der Schützengesellschaft erteilt.
Das bisherige Schützen-Reglement für die Bürgerschützen der Stadt Holzminden von 1822 und 1839, das man seinerzeit von der Stadt für die Veranstaltung des Festes erlassen hatte, war durch die inzwischen eingetretenen veränderten Verhältnisse nicht mehr zutreffend. Deshalb wurde eine neue Vereinssatzung für die Schützengesellschaft am 1. Februar 1887 und am 8. Februar 1891 ein Nebenstatut (Fest-Reglement) vom Vorstand C. Jacob und A. Ruhsam für den Ablauf des Festes aufgestellt und von dem Stadtmagistrat, dem damaligen Bürgermeister H. Schrader, genehmigt.
Dieses Statut enthält außer den Vereinssatzungen, in denen es neben anderen Regelungen im ersten Paragraphen heißt: Die Schützengesellschaft bildet den Verein, welcher teils die Übung im Büchsenschießen, teils durch die Feier des Königsschießens den Sinn für Volksfeste zu erhalten den Zweck hat; ferner die Festlegung der Schützen-Uniform und die ausführliche Regelung des Schützenfestes.
Um den Charakter des Schützenfestes als Volks- und Heimatfest zu erhalten, wurde in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auch von staatlicher Seite eine Neubildung des Schützenwesens und des Scheibenschießens unterstützt. Der Staat sah in den die Kameradschaft, Geselligkeit und vaterländische Gesinnung pflegenden Schützenvereinen eine Stütze für die Erhaltung des heimatlichen Volkstums. So gründete man in Anlehnung an schweizerische Vorbilder auf dem Gothaer Schützen- und Turnfest im Juli 1861 unter Erfassung aller deutschen Schützengesellschaften und Schützen-Gilden den „Deutschen Schützenbund", der bis heute noch von Zeit zu Zeit große Bundesschießen veranstaltet. Die Mitgliedschaft des Bundes wurde erworben durch den Beitritt in den Unterverband Ith/Weser.
An außerordentlichen Feiern beteiligte sich die Schützengesellschaft in hervorragender Weise, so am 25. April 1881 an der Geburtstagsfeier und dem gleichzeitigen 50jährigen Regierungsjubiläum des Herzogs Wilhelm.
Wie überall im Braunschweiger Land begingen auch in Holzminden alle Stände voller Freude diesen Ehrentag; hatte doch der Herzog das Land vor der Revolution 1848 beschützt und später 1866 die Selbständigkeit des Herzogtums gerettet. Es ist zu einer hundertjährigen Tradition geworden, daß in Holzminden der Volksmund sagt, „zum Geburtstag des Herzogs muß der Kiekenstein im grünen Frühlingsgewand prangen". Diese Überlieferung hat sich in der langen Zeit zweifellos bewährt.
Im Gegensatz zu vielen anderen Städten und Orten, die heute noch zum Teil Rotten oder Kompanie-Vereine haben und Schützenfeiern mit geschlossenem Bataillon abhalten, kam es in Holzminden im Laufe der Zeit zu mehreren Schützenvereinsgründungen. Der Verein Erste Uniformierte Bürgerschützen-Kompanie e. V. gründete sich 1888 und hat die Namensnennung wohl in Anlehnung an die frühere erste Kompanie gewählt. Es folgte dann der Schützenverein von 1890, der sich nach seinem Gründungsjahr benannte und als Verein zur Pflege des jagdlichen Schießens gründete. Der beste Schütze (König) der Junggesellen erhielt bei den Schützenfesten den der Bürgerschützen-Gesellschaft gehörenden kleinen Königsschmuck als Dekoration. Eine Anzahl Junggesellen-Bürgersöhne wünschte einen eigenen Verein und gründete 1897 aus der alten Junggesellencompanie den „Verein Junger Schützen". Im Jahr 1905 wurde hauptsächlich von Gewerbetreibenden der Schützenverein Eintracht gegründet.
Wie bereits aus den Satzungen hervorgeht, pflegte die Bürgerschützen-Gesellschaft außer dem Schießen die Tradition, veranstaltete weiterhin die Feste in eigener Verantwortung, Organisation und unter eigenem Risiko. Sie stellte zum Fest die Berittenen, die Sappeur-Kompanie mit Ausrüstung, die Fahnen und führte das Fahnenspiel durch. Ebenfalls überlieferte sie den Holzmindener Nationaltanz, die Tampête.
Die Berittenen trugen als Uniform einen Zweispitz (bis etwa 1832 einen Dreieckshut) mit weißem Federbusch, langen blauen Rock mit Achselklappen, gelbe Weste, schwarze Hose, blau-gelbe Leibschärpe, Stiefelsporen und Steckdegen. Mit der blau-gelben Uniform drückten sie die Zugehörigkeit zum Herzogtum Braunschweig aus. Die übrigen Mitglieder trugen den grünen Schützenhut mit Feder als Symbol zum früheren Vogelschießen, grau-grünen Rock, schwarze Hose, blau-gelbe Schärpe, weiße Handschuhe und als Offizier einen Steckdegen statt Gewehr. Das erste Baumgrün - das Maigrün -, das den Sieg des Frühlings bekundete, schmückte den Sieger. In Anlehnung daran wählten viele unserer Schützenvereine das Grün als Farbe für Ihre Uniformen.
Die Schützenfeste und das Schießen wurden in den nächsten Jahrzehnten gemeinsam unter Beteiligung aller Schützenvereine, die sich zu vier Kompanien gliederten, durchgeführt. Der Rat der Stadt wurde laufend eingeladen. Es befinden sich im Rathaus gemeinsame Protokolle, von dem jeweiligen Bürgermeister und dem Schützenvorstand unterzeichnet, mit dem Nachweis über das Schießen auf die Königsscheibe und die Ermittlung des Schützenkönigs.

Quellen:
Paul Reese - "Holzmindener Stadt- und Schützengeschichte" ©1968

Bernd Meyer - Überarbeitung von 2008

1900-1945